Podcast | Bye-bye Netflix & Co: Meine Flucht aus der Filterwelt (ein Versuch)
Wann ist genug, genug?
Wie viel Content, pardon, Unterhaltung brauchen wir?
Wann wird es zu viel? Kann es sein, dass wir die Grenze längst überschritten haben?
Warum muss ich in meinem Marketing als Selbstständige vermeintlich permanent dafür sorgen, dass Menschen aufgeklärt, unterhalten und im schlimmsten Fall dann damit abgelenkt werden?
Seit wann und warum sind wir zu Content produzierenden Maschinen mutiert?
Im Intro meines Buches „Digitale Achtsamkeit für Selbstständige“ beschreibe ich, wie ich überhaupt dazu gekommen bin, ein Buch über ein solches Thema zu schreiben.
Was ich als „always-on“ Social-Media-Beraterin am eigenen Leib erfahren durfte: Den zum Normalzustand gewordenen digitalen Tsunami, der über alles hinwegfegte und meinen Alltag in ein 24/7 virtuelles Content-Treibhaus verwandelte.
Als Leser dieses Blogs oder Hörer des Podcasts weißt du schon längst, dass ich dem tobenden Online-Sturm entkommen konnte und alternative und nachhaltige Wege für mein eigenes Marketing aber auch für den Umgang mit Social Media gefunden habe.
Die wenigen Social-Media-Beiträge, die ich konsumiere, fallen in die Kategorie „Arbeit“ (no BS und Hand aufs Herz), unter anderem im Rahmen des Community Managements, das ich für selektierte Kunden betreibe oder der Recherche für mögliche Kooperationen mit Meinungsmachern und Marken.
Es waren also nicht die sozialen Medien an sich, die mich dazu gebracht haben, mir (und jetzt dir) die Fragen zu stellen, die ich am Anfang dieses Textes geschrieben habe (und aktiv etwas zu tun).
Diesen Teil des „Konsums“ habe ich schon lange unter Kontrolle - ohne FOMO oder andere Entzugserscheinungen, sondern eher mit einer Art Erleichterung, viel mehr Ruhe, Zeit, Raum und Energie zurückgewonnen zu haben.
Es war alles andere drum herum.
Netflix.
Amazon Prime.
Spotify.
Apple TV+.
Und, und, und.
Ich bin die Letzte, die abends nach getaner Arbeit nicht einen guten Film oder eine spannende und teils zum fünften Mal angeschaute Serie (Stranger Things, I see you!) genießen will oder kann.
Ich gehöre auch zu denen, die fast jeden Tag Podcasts oder Musik hören – auch beim Schreiben (die Focus-Playlist auf Spotify kenne ich fast auswendig).
Was war mein Problem damit?
Die Inhalte auf diesen Streaming-Plattformen werden kuratiert.
Gefiltert.
Von einer Maschine, einer KI.
Von einem Algorithmus.
Ob ich es will oder nicht.
Gefangen in meiner Filterwelt.
Mir wurde auf einmal klar, dass ich mich zwar aus den Social-Media-Netzen befreien konnte…mich aber in die Fänge anderer Medienanbieter habe treiben lassen.
Der Blick über den kinematografischen oder musikalischen Tellerrand wurde mir erschwert. Der Hocker, den ich benutzen könnte, um zu sehen, ob das Gras auf der anderen Seite grüner ist, wurde mir von ultra-smarten Algorithmen weggekickt.
Und obwohl diese Plattformen alles tun, um mich so lange wie möglich als zufriedenen Fan und glückliche Kundin bei Laune zu halten (und das haben sie bis vor kurzem auch verdammt gut gemacht), gab es unzählige, bizarre Momente, in denen ich selbst bei Netflix & Co. unter den tausenden von Filmen und Serien nichts „Gutes“ finden konnte – kennst du das? Wie ist das möglich?
Es war einfach zu viel.
Zu viel Angebot.
Zu viel Auswahl.
Aber auch: bis zur Perfektion kuratiert.
Von einer Maschine für und auf mich zugeschnittene, abgestimmte, weichgespülte Medien - damit ich mich „wohlfühle“ auf den Plattformen.
Alles schmeckte gleich.
Blah und bäh.
Ich hatte genug.
Also habe ich vor einem Monat alle meine Streaming-Abos gekündigt.
Frei nach dem Motto: More isn't better - better is better.
Um meine Filme, Serien, Musik, Podcasts, Bücher & Co. selbst zu kuratieren.
Um auch mal danebenzugreifen in den Mediatheken.
Um zu hinterfragen, zu recherchieren und trotzdem neue Reize und auch Seiten meines Geschmacks entdecken zu können.
Allein – ohne die Maschine.
Aber auch weniger zu konsumieren und mehr zu kreieren.
Als Schreibende und Malende ist das mehr als ein Bedürfnis – es ist Voraussetzung und Pflicht.
Den Künstlern, deren Musik ich - wirklich - liebe, Geld dafür zu bezahlen: Ich benutze digital wieder iTunes (und analog meinen Plattenspieler) und höre nur Songs und Alben, die ich gekauft habe und das seit mehr als 20 Jahren… nur waren sie in Vergessenheit geraten, weil Spotify es so „einfach“ macht – zu einfach in diesem Fall.
Podcasts höre ich nun exklusiv auf der kostenlosen iPhone-App „Apple Podcasts“ – ich habe meine Abos extrem gekürzt, selbst kuratiert und entdecke über meine Lieblings-Podcaster andere Podcasts, Experten und Künstler, die mich interessieren könnten.
Wie sieht es mit deinem Medienkonsum aus?
Fragst du dich auch manchmal, was sich hinter den eisernen Vorhängen der Algorithmen verbirgt?
Welche Räume, Ideen und Welten sich dir öffnen könnten, wenn du sie ein wenig beiseite schieben würdest – besonders wenn du auch eine Kreative bist?
Ob durch die Öffnung mehr Freude und Flow fließen könnte? (Die Antwort ist ja.)
PS: Ob ich eines Tages zu Netflix zurückkehren werde? Im Moment halte ich das für eher unwahrscheinlich - aber spätestens wenn die fünfte Staffel von "Stranger Things" online geht, kannst du mich gerne wieder fragen.😉
PPS: In der Podcastfolge benutze ich (oft) das Wort “Kuration” - bin mir aber nicht sicher, ob es auch das richtige Substantiv ist (habe in meinem Kopf das englische Wort “curation” automatisch so übersetzt). Das Kuratieren? Die Kuratierung? Wenn es jemand besser weiß als ich, bitte melden - ich lerne immer gerne dazu.