Über die Lächerlichkeit von Instagram Broadcast Channels und was du stattdessen tun solltest
Your browser doesn't support HTML5 audio
Das ist kein Blog, auf dem ich dir klassische Social-Media-Marketing-Tipps gebe - ganz das Gegenteil.
Mein Anliegen ist das achtsame Marketing und in dem Aspekt selbstverständlich auch das achtsame Social-Media-Marketing und definitiv auch das Social-Media-arme oder auch -freie Marketing, das ich selbst, in meiner Selbstständigkeit, praktiziere.
Falls du auch selbstständig bist und Social Media für dein Marketing nutzt, gab es in den letzten Wochen bzw. Monaten keinen Weg daran vorbei: Meta's Ankündigung über das Ausrollen der Instagram Broadcast Channels. Im Instagram eigenen Blog kannst du direkt nachlesen, was das Ganze damit auf sich hat.
Ich befinde mich zurzeit zwar im Urlaub und Blog, sowie Podcast und Newsletter in ihrer im Mai angekündigten kreativen Pause, doch konnte ich tatsächlich nicht anders, als diesen Artikel zu verfassen und dazu auch gleich eine Podcastfolge aufzunehmen.
Und keine Angst: Mir geht es im Urlaub sehr gut, ich konnte, im Vergleich zu letztem Jahr, relativ schnell von Business und Alltag abschalten und dafür den „Entspannungsmodus“ auch zügig einschalten – alles bestens.
Auch ist mir nicht langweilig im Urlaub, dass ich mich danach gesehnt habe, in die Tasten zu schwingen oder das Podcastmikro abzustauben, um etwas Neues zu veröffentlichen. Weit entfernt.
Und obwohl ich privat seit einem Jahr keine Social Media Inhalte mehr konsumiere, ist natürlich auch mir das gerade sehr heiße Marketing-Thema „Instagram Broadcast Channel“ im Internet und in Podcasts begegnet. Ich lebe zwar Social-Media-frei, aber nicht unter einem Stein.
Das Thema dieses neuen Instagram-Features wollte ich schon länger ansprechen. Es brannte mir regelrecht in den schreibenden Fingerspitzen und auf der Podcast-gewöhnten Zunge. Here we go also.
Was sind Instagram Broadcast Channels?
Du kannst dir einen Instagram Broadcast Channel als exklusiven Kanal innerhalb deines schon bestehenden Kanals, also deines schon bestehenden Instagram-Accounts vorstellen. Eine Community innerhalb deiner schon bestehenden Community, deine „Kern-Community“.
Es soll laut Instagram ein Ort sein, in dem du mit deinen besten bzw. treuesten Fans noch intensiver interagieren kannst - per Text, Bild, Video, Umfragen, Sprachnachrichten u.a. Du kannst Personen, die dir schon folgen, zu deinem Broadcast Channel einladen oder auch externe. So soll noch mehr Verbundenheit kultiviert, noch tiefere Beziehungen mit den Personen aufgebaut werden, die an dir, deinem Angebot und deinen Inhalten starkes Interesse haben. Hier und hier (aber auch anderswo im Internet) kannst du nachlesen, wie du einen Instagram Broadcast Channel erstellen und was genau du damit machen kannst.
Was mir an dieser Instagram-Neuheit imponiert und was mein erster Gedanke war, als ich davon gehört habe (und was anscheinend niemand sonst öffentlich erwähnt), ist folgender:
Wie lächerlich ist es doch, dass man innerhalb einer Instagram-Community, die man sich jahrelang mit Schweiß und Blut aufgebaut hat – wie es ja von Social Media selbst und etlichen Marketing-Gurus gepredigt wird – jetzt zusätzlich noch eine zweite Community erstellen muss, um überhaupt die Menschen zu erreichen, die wirkliches Interesse an uns und unserem Angebot haben, egal ob wir Unternehmende oder Influencer oder Marken sind.
Wie heuchlerisch ist es denn von Meta selbst, sich mit dem Ausrollen dieses neuen Features mehr oder weniger einzugestehen, dass das, was man als Business oder Influencer bis jetzt gemacht hat, nicht ausreicht – nein! Es braucht noch eine Community innerhalb der Community, um die Verbindung mit genau dieser zu stärken - also eigentlich doch das anfängliche Versprechen von Instagram und Social Media überhaupt, oder?
In der Instagram-Ankündigung lautet es wortwörtlich (ich habe den Satz rauskopiert):
„Creator*innen können Broadcast-Channels nutzen, um ihre Follower*innen auf dem Laufenden zu halten und ihnen Einblicke hinter die Kulissen zu gewähren.“
Ich dachte, dafür wären Instagram Storys und Reels und Feed-Posts da??? Hmmm.
Lass uns das Ganze mal mathematisch durchspielen:
Wenn du 2.000 Follower auf Instagram hast, dann folgen dir nicht 2.000 Personen.
Du hast 2.000 Personen, die in der Vergangenheit, zu einem bestimmten Zeitpunkt, einmalig auf einen Button geklickt haben. Das hast du.
Von diesen 2.000 Personen sehen - wenn du Glück hast - gerade mal ein Viertel davon deine Posts oder Storys – das Thema der sinkenden Reichweiten ist uns allen bekannt.
Und nun denkt sich Meta:
Hey, da du ja sowieso nicht alle innerhalb deiner 2.000 Personen starken Community erreichen kannst (außer du schaltest Werbung), kannst du ab sofort eine zweite, interne Community bilden (den Instagram Broadcast Channel, deine Kern-Community quasi), für die du Inhalte erstellst, die sie sehen und mit denen sie interagieren werden (obwohl das auch niemand 100% mit Sicherheit wissen kann). Denn somit erreichst du immerhin von den 2.000 die, die tatsächliches Interesse haben. Hä?
Weißt du nach was sich das anhört und anfühlt?
Nach Betrug bzw. nach nicht Erfüllen der Erwartungen an Social Media? Vielleicht.
Nach doppeltem Aufwand? Bestimmt.
Nicht nur, dass du deinen „regulären“ Instagram-Account weiterhin mit Inhalten pflegen musst – oh no. Ab sofort, wenn du aufs Versprechen der „Instagram Broadcast Channels” reinfällst, musst du zusätzlich noch Inhalte für den Kanal im Kanal produzieren. Also deine investierte Arbeit, Energie und Zeit mal zwei. Toll.
Das Ganze sollte sich nicht Instagram Broadcast Channels nennen. Instagram Matroschka trifft es schon besser.
Und all das auf einer Plattform, die dir sowieso nicht gehört und die jederzeit einfach „weg“ sein kann.
Wenn du die Energie und Zeit und vor allem die Lust hast, deinen Instagram Broadcast Channel aufzubauen, go for it.
Wenn nicht, dann habe ich eine bessere Alternative für dich:
Und zwar die Möglichkeit, eine gebundene Community zu haben, die du, so gut wie das heutzutage online möglich ist, auch besser unter Kontrolle haben kannst – die also dir gehört: Eine Newsletter-Liste. (Tja, das Rad wurde schon erfunden, sorry, falls du hier etwas komplett Neues erwartet hast.)
Eine Alternative dazu wäre eine (bezahlte) Mitgliedschaft oder eine Community außerhalb von Social Media: Auf Slack, Circle, Mighty oder anderen online Software-Plattformen.
Mein absoluter Community-Liebling ist nach wie vor der Newsletter: Das sind Menschen, die zu deinen E-Mails „ja, ich will“ gesagt haben!
Ist das in der heutigen, informationsüberfluteten Zeit nicht herrlich und selten zugleich? Jeder einzelne, der in deiner Newsletter-Liste steht und somit deine E-Mails empfangen (und hoffentlich auch lesen) möchte ist Zeugnis der engen Bindung und des Vertrauens, welche dir dieser Mensch entgegenbringt.
Wieso nicht den Aufwand, den Instagram von dir mit der Neuheit der Instagram Broadcast Channels fordert, in den Aufbau und die Pflege deiner eigenen Newsletter-Liste stecken?
Weg vom „Shiny New Object“ und hin zu einem nachhaltigen, bewährten, achtsamen und humaneren Medium wie dem Newsletter-Marketing. Ganz unabhängig von Instagram und den Launen seiner CEOs und Algorithmen.